,, Ok, du bist jetzt eine Woche nicht aus dem Haus. Sei
froh, dass deine Tante nicht da ist und dich so sieht. Steh jetzt auf, wir
gehen raus.“ Mario zerrt wie wild an meiner Decke. Aber er hatte recht, seit
einer Woche war ich nur daheim und ging allem aus dem Weg. Ich habe viel zu
sehr Angst Nate zu treffen. ,, Ich geh doch auch mit dir! Wenn wir ihn sehen
verstecken wir uns einfach wie wärs? Ich habe einen Laden gefunden, der
perfekte Klamotten für dich hat und da gehen wir jetzt hin los.“ Ich lasse die
Decke los, Mario fliegt mit einem Ruck um und landet auf dem Boden. ,, Ok,
gehen wir shoppen, ich zieh mich nur schnell um.“ ,,Warum nicht gleich so.“
Eine halbe Stunde später stehe ich angezogen und frisch
geduscht auf der Straße. ,, Ok, dann führ mich mal zu dem tollen Laden.“ Wir
fahren mit der Bahn und steigen an Lysanders Haltestelle aus. Wir laufen ein
paar Meter und durch viele Gassen. Mittlerweile sind wir in einem total anderen
Viertel angelangt. Es sieht hier noch aus wie vor 60 Jahren, wunderschöne alte
Backsteinhäuser mit Blumenranken. ,, Hier ist es.“ Wir gehen in den Laden rein,
eine Klingel ertönt. Ich laufe umher und schaue mich etwas um. Genauso stelle
ich mir eigentlich Lysanders Kleiderschrank vor. Ob er hier wohl einkauft? ,,
Hallo Mario, da bist du ja wieder. Oh, und deine Freundin hast du auch
mitgebracht, wie schön.“ Ich schaue mir die Person genau an, die da mit Mario
spricht. Er sieht aus wie Lysander, nur sind die Haare dunkel und er ist etwas
größer. Hinter ihm taucht dann wirklich Lysander auf, der mich anlächelt. ,,
Hallo Sasa, was verschlägt dich denn her?“ Mario klärt die ganze Situation auf.
Leigh, der Ladenbesitzer, ist der große Bruder von Lysander und persönlicher
Einkleider. Die drei Jungs unterhalten sich lange über Mode, währenddessen
streife ich durch den Laden und begutachte die wunderschönen Kleider. ,, Na
hast du schon was passendes gefunden?“ Eigentlich will ich ihn ja ignorieren,
aber Lys ist immer so lieb. ,, Ja und Nein, Lys. Aber dein Bruder
hat echt Talent. Meinst du, er kann mir auch etwas nach meinen Wünschen
anfertigen?“ ,, Klar, macht er bei mir auch immer, wir fragen ihn einfach mal.“
Er zieht mich hinter sich her, quer durch den Laden. ,, He Leigh, könntest du
für Sasa ein paar Sachen nähen?“ Leigh schaut mich musternd an. ,, Die Figur
und die Größe ist perfekt. Ich sollte sogar ein paar Teile noch hinten haben.“
Ich kann gar nicht so schnell schauen, wie die drei mich ins Ankleidezimmer
schleifen und ich mit einem Berg Klamotten da stehe. Bei jedem Kleidungsstück
sind die drei entzückt. Nach geschlagenen drei Stunden stehen Mario und ich mit
zehn Einkaufstüten vor Leigh´s Laden. Lys kommt uns hinterhergelaufen. ,, Sag
mal Sasa, hast du heute Abend schon was vor?“ Ich schaue ihn und danach Mario
an, der ganz unauffällig den Kopf schüttelt. ,, Vielleicht ja vielleicht nein,
wieso frägst du?“ ,, Naja Cas und ich wollten in einen Club im Zentrum, hättet
ihr beide Lust mitzukommen?“ ,, Was ist das denn für ein Club?“ Auch wenn ich
immer noch ziemlich sauer auf Castiel war, kann ich meine Liebe für Club´s
nicht verbergen. ,, Naja, da spielen jeden Abend ein paar Bands, manchmal
welche aus dem Umkreis, aber auch viele aus dem Ausland, die hier kleine Gigs
geben.“ Er sieht,dass meine Augen immer größer werden und ich strahle. ,, Wenn
du willst, darfst du Cas auch ignorieren, aber ich würde mich freuen, wenn ihr
beiden mitgehen würdet. Mario hat erzählt, dass du diese Musikrichtung sehr
magst.“ Ich schaue Mario vernichtend an. ,, Wir überlegen es uns noch, wir
können uns ja dann dort treffen.“
Mario sitzt auf dem Sofa und hört sich meine Standpauke
ziemlich locker an. ,, Wie kannst du nur verdammt noch mal? Du weist genau,
dass ich noch sauer auf Castiel bin, wegen dem mit Nate.“ ,, Ja, aber ich weis,
dass du ihn magst. Du magst Jungs wie ihn oder nicht?“ ,, Nein, ich mag keine
Jungs mehr.“ ,, Ach mögen wir jetzt Frauen oder was?“ ,, Sei ruhig Mario, ich hab
einfach keine Lust auf den ganzen Kram, am Ende hat man eh nur wieder ein
gebrochenes Herz verdammt.“ ,, Du darfst keine Angst vor so was haben. Ja und?
Der Arsch hat dir das Herz gebrochen, mach weiter. Das Leben ist wegen so etwas
nicht zu Ende. Oder trauerst du dem Idioten etwa noch hinterher?“ ,, Nein, aber
ich will nicht noch mal verletzt werden.
Ich kann nämlich nicht noch mal die Schule wechseln, da ich sonst keine
Verwandten mehr habe, wo ich hinkann.“ ,, Ganz einfach, du rennst nicht mehr
weg. Also mach dich fertig, wir werden heute Abend ausgehen.“
Ich stehe im Bad und schminke mich, wie ich es schon lange
nicht mehr getan habe. Seit ich aus Berlin weg bin, habe ich mich immer nur
sehr dezent geschminkt. Aber heute will ich mal wieder ich sein. ,, Wie sehe
ich aus?“ ,, Du bist wunderschön meine Kleine. Die Jungs werden Augen machen.“
Ich habe die viktorianischen rotschwarzen Stiefel von Leigh an, meinen
schwarzen Faltenrock und ein bauchfreies rot-schwarzes Top mit Ärmeln am
Oberarm, welche mit kleinen Schnüren an der Schulter befestigt sind. Zum
krönenden Abschluss habe ich ganz viele Gürtel umgeschnallt.
,, Mario, ich will da nicht rein.“ ,, Wovor hast du Angst?
Das ist Paris, hier kennt dich niemand, falls du davor Angst haben solltest
ja?“ Ich nicke, seufze und folge ihm in den kleinen Club, der keine fünf
Straßen von der Schule entfernt ist. Darin angekommen, fühle ich mich wie in
eine alte Zeit versetzt. Die Musik ist so laut, dass mein Körper unter dem Bass
vibriert und mein Puls nicht anders kann als sich anzupassen. Ich verspüre das
dringende Gefühl auf die Tanzfläche zu gehen und einfach ausgelassen zu tanzen
und zu singen. Aber Mario hat Lys und Castiel ausfindig gemacht und so muss ich
erstmal mit zu ihnen. Beide haben schon ein Bier vor sich stehen. Lys steht auf
und lächelt uns an. ,, Ihr seit wirklich da, schön.“ Castiel schaut mich gar
nicht an. ,, Ja, hi. Sag mal Lys, wo ist hier die Bar?“ Er zeigt hinter mich
und ich verschwinde. Mario setzt sich zu den beiden und sie reden über irgendwas.
Es reizt mich immer mehr auf die Tanzfläche zu gehen. Ich gehe wieder zu den
Jungs und stelle Mario sein Bier hin. ,, Was trinkst du da bitte?“ ,,Martini.“
,, Martini in einem 0,4l Glas? Sowas gibt’s auch nur hier.“ Lysander lacht und
Mario schaut mich besorgt an, er flüstert mir ins Ohr. ,, Willst du nicht
lieber ein Bier? Du hast lange nichts mehr getrunken.“ Ich schüttele den Kopf
und trinke an meinem Martini. ,, Also Jungs, ich geh jetzt mal tanzen und die
Musik genießen, ihr könnt gerne sitzen bleiben.“ Sie haben gar keine Chance mir hinterherzukommen,
so schnell bin ich auf der Tanzfläche. Ich tanze ausgelassen, gefühlte Stunden.
Bis sich jemand von hinten an mich schiebt. Aber es ist nicht wie gedacht
Mario, der gerne mit mir tanzt, es ist ein fremder Junge. Er hat blonde lange
Haare, die er zu einem lockeren Zopf zusammengemacht hat und tiefgrüne Augen.
,, Möchtest du tanzen?“,, Naja, ich wollte eigentlich gerade gehen.“Ich will
mich umdrehen und gehen aber er hebt mich fest. ,, Du haust mir nicht ab.“ Er
fasst mich grob an den Hüften an und hält mich fest um zu tanzen. ,, Ich möchte
aber nicht, lass mich los.“ ,, So was schönes wie dich lass ich doch nicht
gehen.“ Sein Griff wird immer fester und ich versuche mich herauszuwinden, aber
ich schaffe es nicht. Ich schütte ihm meinen köstlichen Martini ins Gesicht,
aber selbst da lässt er mich nicht los.,, Hast du die Dame nicht gehört? Du
sollst sie in Ruhe lassen.“ Ich sehe nicht, wer das zu dem Fremden sagt, ich
merke nur, wie ich aus dessen Armen gerissen werde und diese sich dann prügeln.
,, Sasa ist alles ok, hat der Typ dir was getan?“
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